Am 30.01.1968 trafen sich in Asperg acht im Justizvollzugsdienst tätige Herren (fünf Ärzte und drei Psychologen) und beschlossen die Gründung der „Bundesarbeitsgemeischaft der Ärzte und Psychologen in der Straffälligenhilfe (BAGÄP)“. Unter diesem Namen wurde die BAGÄP später ins Bonner Vereinsregister eingetragen.
Diese Gründung ist im Zusammenhang zu sehen mit den gesellschaftlichen Veränderungen Ende der sechziger Jahre und den damaligen Bemühungen um eine Strafvollzugsreform. Der Grundgedanke „Behandeln statt Strafe“ wurde immer häufiger diskutiert und fand seinen Niederschlag bekanntlich in dem 1977 in Kraft getretenen Strafvollzugsgesetz. Der Behandlungsgedanke ist seitdem eine wesentliche Grundlage für die Arbeit im Strafvollzug.
Die Themen der ersten Mitgliederversammlung am 08.05.1968 zeigen, dass die im Vollzug tätigen Ärzte und Psychologen schon damals von Problemen bewegt wurden, die uns auch heute noch beschäftigen:
- Menschenkundliche Probleme des modernen Strafvollzugs
- Medikamentöse Zwangsbehandlung bei Untersuchungs- und Strafgefangenen
- Engpässe im vollzugsärztlichen Dienst
- Aggressionen – Ein Dilemma des Strafvollzuges
- Die verschiedenen Formen der Konfliktbewältigung (Neurosen, Sucht, Verwahrlosung)
- Selbstmord und Selbstbeschädigung im Freiheitsentzug
Die BAGÄP hatte sich gleich zu Beginn unter die Fittiche des „Bundeszusammenschluss für Straffälligenhilfe“ begeben. Dadurch erhielt der Verein nicht nur finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Fortbildungsveranstaltungen, die ein Polster geschaffen hat, von dem die BAGÄP noch heute, viele Jahr nach der Auflösung des Zusammenschlusses profitiert, sondern sie hatte auch bis zum Jahr 1989 ihre Heimat im Ludwig-Clostermann-Haus des Bundeszusammenschlusses in Bonn-Bad Godesberg. Seit 1991 hat die BAGÄP ihre neue Heimat in der Bayerischen Justizvollzugsschule in Straubing gefunden, wo jährlich eine Fortbildungsveranstaltung durchgeführt wird.
Zweck der BAGÄP ist,
„… die medizinische und psychologische Behandlung und Betreuung Straffälliger innerhalb und außerhalb des Justizvollzuges zu fördern. Darum unterstützt der Verein den Erfahrungsaustausch der medizinischen und psychologischen Dienste untereinander, die Einführung neuer Behandlungsmethoden, die Weiterentwicklung von Forschung im Bereich des Justizvollzuges und unterstützt gesetzliche Reformvorhaben. Der Verein führt regelmäßig Fortbildungsveranstaltungen zu Themen der medizinischen und psychologischen Behandlung und Betreuung Gefangener, zu medizinischen und psychologischen Entwicklungen und zu organisatorischen und personellen Problemen im Justizvollzug durch. Er nimmt beratend und empfehlend Einfluss auf die Gestaltung von gesetzlichen Vorschriften und auf dem Gebiet des Justizvollzuges und den Erlass von Richtlinien in den Ländern und beim Bund. Der Verein betreibt Öffentlichkeitsarbeit. Er hält Kontakt zu nationalen und internationalen Organisationen und Gremien, die mit Vollzugsfragen befasst sind.“
(§ 2 der Satzung)
Seit 1973 führt die BAGÄP regelmäßig zwei Fortbildungsveranstaltungen im Jahr durch.
Durch ihre Arbeit erreichte die BAGÄP weitreichende Anerkennung bei den Justizverwaltungen der Länder und des Bundes. So wurde sie im Laufe des Jahre mehrfach zu Expertenanhörungen in Gesetzgebungsverfahren des Bundes gerufen, erstmals im Zusammenhang mit der Zwangsernährung hungerstreikender Gefangener des RAF-Umfeldes. Maßgeblich beeinflusst durch das von Vertretern der BAGÄP vorgetragene Votum vieler Anstaltsärzte ist die Änderung des § 101 I Satz 2 StVollzG zurückzuführen. Danach brauchte gegen den ausdrücklichen Willen des Gefangenen keine Zwangsernährung mehr durchgeführt werden.
Des Weiteren wurde die BAGÄP beteiligt an den Anhörungen zum Untersuchungshaftvollzugsgesetz, zum Jugendvollzugsgesetz und zur Anwendung des § 35 BtmG auf alkoholabhängige Straftäter. Darüber hinaus entwarf die BAGÄP, basierend auf einem Gutachten von Prof. Dr. Müller-Dietz, gemeinsam mit dem Berufsverband Deutscher Psychologen (BDP), das Berufsbild des Psychologen im Justizvollzug, welches 1982 veröffentlicht wurde. Als wichtigste Arbeitsfelder wurden herausgearbeitet:
- Vollzugsgestaltung, Organisation, Planung, Anstaltsleitung, Vollzugsleitung
- Diagnostik, Vollzugsplanung und Beratung/Behandlung
- Personalwerbung, Personalauswahl, Aus-, Fort- und Weiterbildung der Vollzugsbedienstete
- Psychologische Tätigkeit in Aufsichtsbehörden
- Kriminologischer Dienst
Die gesamte Arbeit der BAGÄP lässt sich hier kaum vollständig darstellen. Am Besten lässt sich das auf einer der Fortbildungsveranstaltungen erleben.